Harnsteine

Harnsteine bestehen zu 90 Prozent aus Kristallen und nur zu 10 Prozent aus organischem Material. Die Substanzen, die an der Steinbildung beteiligt sind, liegen bei jedem Menschen in gelöster Form im Urin vor. Es sind Kalziumoxalat, Kalziumphosphat, Magnesiumammoniumphosphat (Struvit), Harnsäure oder Zystin.

Diese Substanzen werden auch als lithogene (steinbildende) Substanzen bezeichnet. Sie werden normalerweise mit dem Urin ausgeschieden. Überschreitet aber die Konzentrationen einzelner Substanzen bestimmte Grenzwerte, bilden sich daraus Kristalle. Verbinden sich mehrere Kristalle und dauert dieser Zustand längere Zeit an, so bilden sich schließlich Steine.

Die Steinbildung wird durch verschiedene Faktoren begünstigt.

Zu den Risikofaktoren gehören unter anderem:

  • familiäre Disposition
  • Lebens- und Ernährungsgewohnheiten wie Bewegungsmangel oder unzureichende Flüssigkeitszufuhr
  • Immobilisation: Unbeweglichkeit und/oder Bettruhe z. B. nach Knochenbrüchen, starkes Schwitzen,
  • Überkonsum z. B. von Fleisch
  • Medikamente, z. B. Kalzium, Vitamin C, Vitamin-D-Therapie

Begünstigend wirken außerdem Diabetes mellitus, Gicht, Nierenerkrankungen, Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüse) oder bösartige Tumore. Bei diesen Erkrankungen treten Harnsteine häufig als Begleiterscheinung auf, weil sie Stoffwechselveränderungen mit sich bringen.

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Steine infolge erworbener Stoffwechseldefekte und Ernährungsfehler

Harnsäure-Steine
Im Laufe der 70er Jahre wurden in Deutschland noch 15-20 % aller Steine als Harnsäuresteine identifiziert.

Die aktuellen Daten ergaben 10 % Harnsäuresteine. Männer erkranken drei- bis viermal häufiger an Harnsäuresteinen als Frauen. Jedoch gibt es Regionen in Deutschland, die bis zu 30 % Harnsäuresteine aufweisen, wie aus Oberfranken berichtet wird.

Harnsäure ist ein Endprodukt des Purinstoffwechsels und wird vorwiegend über die Nieren ausgeschieden.

Die Löslichkeit von Harnsäure im Harn ist stark vom pH-Wert abhängig, so dass die Kristallisation im sauren Harn (pH < 6,0, „Säurestarre“) begünstigt wird. Purin- und proteinreiche Ernährung fördert die Harnsäurebildung und trägt zur Säuerung des Harns bei. Die Mehrzahl der Harnsäuresteinerkrankungen ist daher ernährungsbedingt. Durch Fasten wird ebenfalls infolge des Zellabbaus vermehrt Harnsäure gebildet.

Die relative „Säurestarre“ bei Harnsäuresteinbildungen ist nicht nur auf eine gesteigerte Sekretion von Wasserstoffionen zurückzuführen, sondern auch mit einer verminderten Ausscheidung von Ammoniak und titrierbarer Säure zu erklären. Ammoniak wird in der Niere aus Glutamin gebildet und dieser enzymatische Abbau kann gestört sein. Dadurch wird die Pufferkapazität für Säurevalenzen herabgesetzt.

Die Bildung von Harnsäuresteinen wird in hohem Maße durch die Ernährung verursacht. Daher sollte auf der Basis eines Ernährungsprotokolls eine spezifische Beratung erfolgen, d. h. Lebensmittel mit hoher Harnsäure-Potenz und säuernder Wirkung (Proteine) sollten eingeschränkt werden.

Die wichtigste diagnostische Maßnahme nach der Steinentfernung ist eine qualitativ sehr genaue Harnsteinanalyse.

Alle Bestandteile > 5 % sollten nachgewiesen werden. Die Methoden der Wahl sind heute die Infrarotspektrometrie und die Röntgendiffraktion. Bei letzterer beruht das Messprinzip auf dem Kristallgitter der Substanz, während bei der Infrarotspektrometrie der Energieverlust durch das zur Schwingung angeregte chemische Molekül gemessen wird.

Metaphylaxe bei Urolithiasis

Regel:
Zumindest 2 Tage/Woche ohne Fleisch- und Wurstwaren!

Wie bei allen Steinarten ist eine ausreichende Harnverdünnung über den ganzen Tag erforderlich (2-2,5 l Harn/24 h). Dabei ist es besonders günstig, alkalisierende Getränke aufzunehmen, z. B. bikarbonatreiche Mineral- oder Heilwässer (HCO3 >1500 mg/l). Diese Wässer sind kalorienfrei und können bei entsprechendem Bikarbonat-Gehalt den Harn-pH in einen therapeutischen Bereich von 6,5-6,8 anheben.

Ebenfalls alkalisierend wirken alle Zitrussäfte (Orangen-, Grapefruit-, Zitronensaft), jedoch ist auf den relativ hohen Kaloriengehalt zu achten und eine Verdünnung mit einem geeigneten Mineralwasser ist zu empfehlen.

Dagegen verstärken Limonaden, Cola-Getränke und alle Alkoholika die Säurevalenzen im Körper und sollten eingeschränkt oder gemieden werden. Kaffee und schwarzer Tee steigern den Grundumsatz und können bei starkem Konsum zur Erhöhung der Harnsäureausscheidung im Urin beitragen.

Harnsäure-bildende Nahrungsmittel

  • mg Hs/100 Fleisch Ø 150
  • Fisch ohne Haut Ø 150
  • Nieren 210-255
  • Leber 260-360
  • Kalbsbries 900
  • Geflügelhaut 300
  • Heringshaut 320
  • Sardinen 350
  • Sprotten 500
  • Steinpilze 80
  • Erbsen grün 100
  • Sonnenblumenkerne 150
  • Buchweizen 150
  • Nudeln, getrocknet 185
  • Haferflocken 190
  • Linsen, getrocknet 200
  • Sojabohnen, getr. 350
  • Weizenkeime 840

Als Medikamente zur relativen Harnalkalisierung stehen Alkalizitrate (z. B. Uralyt U, Lithurex, Blemaren, Blanel u. a. und bei Unverträglichkeit auch Natriumbikarbonat (Nephrotrans) zur Verfügung.

Bei konsequenter Prophylaxe mit guter Compliance müssten Harnsäuresteinpatienten rezidivfrei bleiben.

Kalziumoxalat-Steine

70-75 % aller Harnsteine bestehen aus Kalziumoxalat. Die Entstehung von Kalziumoxalat-Steinen ist von einer großen Zahl von Faktoren abhängig, deshalb spricht man von einer multifaktoriellen Pathogenese.

Neben den eigentlichen steinbildenden Substanzen Kalzium und Oxalat sind andere niedermolekulare Substanzen, wie Harnsäure, Magnesium, Zitrat, und der Harn-pH an einer möglichen Kristallbildung beteiligt. Die genannten Substanzen können heute in jedem medizinischen Laboratorium bestimmt werden.

Klinisch von Interesse ist die Unterscheidung von Whewellit- und Weddellit-Steinen, da letztere sehr schnell rezidivieren und erstere durch eine kompakte Struktur und Härte nur schwer zertrümmert werden können.

Die diagnostische Abklärung der Ursachen der Kalziumoxalat-Steinbildung erfordert aufgrund des multifaktoriellen Geschehens ein sehr komplexes Vorgehen. Im Serum sind primär die Messwerte Kalzium, Magnesium, Harnsäure und Kreatinin erforderlich, die bei entsprechendem Verdacht auf primären Hyper-parathyreoidismus durch Parathormon und bei renaler tubulärer Azidose durch eine Blutgasanalyse ergänzt werden. Eine Spontanharn-Untersuchung kann nur orientierenden Charakter haben, z. B. begleitende Infekte anzeigen. Durch Messung von pH-Tagesprofilen können erste Hinweise auf eine Beteiligung niedriger pH-Werte < 6,2 (Hypocitraturie) oder konstant hoher pH-Werte (renale tubuläre Azidose) erlangt werden.

Für eine korrekte Abklärung ist die quantitative Analyse des 24 h-Harns unverzichtbar. Die Untersuchung eines 24h-Harns gibt wichtige Grundinformationen für eine Metaphylaxe.

Standard-Analysen im 24 h-Harn sind: 

  • Spez. Gewicht
  • Harnsäure
  • pH-Wert
  • Oxalsäure
  • Kalzium
  • Zitronensäure
  • Magnesium
  • Kreatinin

Neben der Ernährungsumstellung mit ausreichender Harndilution ist häufig eine medikamentöse Behandlung unumgänglich. Gezielt kann diese jedoch nur erfolgen, wenn Daten von 24 h-Harnanalysen vorliegen.